Die Auswirkungen auf internationalen Versicherungsschutz
Am 10.12.2020 trat das Gesetz zur Modernisierung des Versicherungsteuerrechts in Kraft.
Hinter der sperrigen Bezeichnung für die Novellierung des Versicherungsteuerrechts verbergen sich ungeahnt weitreichende, steuerliche Änderungen. Insbesondere international aufgestellte Unternehmen, die ihre weltweiten Risiken im Rahmen internationaler Versicherungsprogramme absichern, sind davon betroffen.
Eine wesentliche Änderung sollte nach dem Willen des Gesetzgebers eigentlich gar keine Änderung, sondern vielmehr eine Klarstellung sein. Dabei geht es um folgenden, beispielhaften Sachverhalt:
Eine in Deutschland ansässige Konzern-Holding schließt mit einem in Deutschland ansässigen Versicherungsunternehmen einen konzernumfassenden Versicherungsvertrag ab. Dieser sichert sowohl die inländischen Konzerngesellschaften ab und bietet gleichzeitig Versicherungsschutz für die weltweit bestehenden Tochtergesellschaften.
In der Praxis wurde die in Deutschland entrichtete Gesamtprämie hinsichtlich in- und ausländischer Versicherungssteuern wie folgt behandelt:
bisherige Regelung | zukünftige Regelung | |
Prämienanteil der deutschen versicherten Unternehmen | deutsche Versicherungsteuer (im Regelfall 19%) |
keine Veränderung |
Prämienanteil der im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ansässigen versicherten Unternehmen | lokale Versicherungsteuer (sofern vorhanden) |
keine Veränderung |
Prämienanteil für die im Non-EWR-Ausland ansässigen versicherten Unternehmen | keine deutsche Versicherungsteuer. Steuerpflicht im Ausland muss durch den Versicherungsnehmer geprüft werden. |
deutsche Versicherungsteuer (im Regelfall 19%)Steuerpflicht im Ausland muss durch den Versicherungsnehmer geprüft werden. |
Die Erhebung und Abführung der deutschen sowie der lokalen Versicherungsteuern innerhalb des EWR wird dabei durch den Versicherer des deutschen Vertrages durchgeführt.
Die Aufteilung der Gesamtprämie in Prämienanteile für die jeweiligen in- und ausländischen Unternehmen erfolgt dabei nach Risiko-Gesichtspunkten, ersatzweise nach kaufmännischen Grundsätzen, z. B. proportional zum Umsatz.
Bisher waren die Versicherungsnehmer in Deutschland angehalten, eine im Non-EWR-Ausland (sog. Drittländer) ggf. bestehende lokale Versicherungsteuerpflicht selbst zu prüfen und ggf. anwendbare lokale Steuern im jeweiligen Land selbst anzumelden und abzuführen.
Dieses sog. Belegenheitsprinzip, also dem Grundsatz, dass Versicherungsteuern in dem Land zu entrichten sind, in dem das Risiko belegen ist, soll im harmonisierten EWR-Raum dafür Sorge tragen, dass keine Fälle von Doppelbesteuerung möglich sind. Dieser Grundsatz wurde in der Praxis bislang auch für Risiken in Drittländern angewandt.
Die Neuregelung in § 1 des Versicherungsteuergesetzes besagt zukünftig, dass in allen Fällen, in denen über einen hiesigen Versicherungsvertrag Risiken in Drittländern abgesichert werden, die Steuerpflicht schon dann entsteht, wenn der Versicherungsnehmer seinen Sitz in Deutschland hat. Auf die Belegenheit des Risikos kommt es in diesen Fällen (Absicherung von Risiken in Drittländern) nicht mehr an.
Eine Abkehr vom Grundsatz der Risikobelegenheit für Drittländer führt nun dazu, dass neben einer potentiell anfallenden ausländischen Steuer im Drittland, im Regelfall auch noch die deutsche Versicherungsteuer in Höhe von derzeit 19 % für die jeweiligen Prämienanteile fällig wird. Somit liegt eine Doppelbesteuerung vor. Denn: Wie bisher muss die potentielle Steuerpflicht im Ausland auch weiterhin durch den Versicherungsnehmer geprüft werden.
Die Erfahrung zeigt zudem, dass es bisher durchaus auch Konstellationen in vereinzelten Ländern gab, in denen es nach der bisherigen Vorgehensweise zu keinerlei Besteuerung (weder lokal im Ausland noch in Deutschland) kam. Diese Fälle beschreiben aber die Ausnahme.
Absehbare Änderungen
Es ist bereits absehbar, dass die Versicherer die neue Rechtslage im Bemühen um steuerrechtliche Compliance bereits zur anstehenden Fälligkeit 01.01.2021 umsetzen werden. Dies wird sich auf unser anstehendes Prämieninkasso zur nächsten Fälligkeit ebenfalls auswirken. Relevanz entfaltet die Neuregelung grundsätzlich in allen Versicherungssparten, in denen aus einem deutschen Vertrag heraus Prämienanteile für Drittländer erhoben werden, also z. B. die Haftpflichtversicherung, die D&O-Versicherung oder auch die Transportversicherung.
Auch im Rahmen der hier besprochenen Reformierung des Versicherungsteuerrechts gibt es zahlreiche Detailfragen, die abschließend wohl erst durch die Finanzgerichte beurteilt werden müssen, um vollständige Klarheit zu erlangen. Welche mittelfristigen Auswirkungen aus der neuen Gesetzeslage resultieren, werden wir aufmerksam verfolgen und Sie entsprechend informieren.
Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an!