Längst ist es in Deutschland gang und gäbe Mitarbeitenden für ihre Arbeitsleistung neben Lohn oder Gehalt eine betriebliche Altersversorgung als zusätzlichen Vergütungsbestandteil zuzusagen. Die Form der Auszahlung kann bei Zusageerteilung vom Arbeitgeber frei gewählt werden. Neben der lebenslangen Rentenzahlung ist auch eine einmalige Kapitalzahlung möglich. Häufig werden in Versorgungszusagen beide Optionen festgehalten, unter Umständen auch mit einem einseitigen Recht des Arbeitgebers, die Kapitalabfindung anstelle Rentenzahlung zum Rentenbeginn zu wählen.
Da die Ausübung dieses einseitigen Kapitalwahlrechts durch den Arbeitgeber nicht immer auch im Interesse des Versorgungsberechtigen/ Mitarbeitenden liegt, kommt es in der Praxis gelegentlich zu Unstimmigkeiten, welche im Extremfall juristisch geklärt werden müssen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 17.1.2023, 3 AZR 501/21) hatte jüngst in solch einem Fall zu entscheiden, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen der Arbeitgeber einseitig das Kapitalwahlrecht ausüben darf, wenn der ehemalige Arbeitnehmer lieber die lebenslange Rentenzahlung erhalten möchte.
Grundsätzlich ist die einseitige Option des Arbeitgebers, eine Kapitalabfindung anstelle einer Rentenzahlung zu wählen, zulässig. Der Arbeitgeber – als der die Versorgung Versprechende – hat ein legitimes Interesse daran, sich im Zeitpunkt der (Erteilung der) Versorgungszusage vorzubehalten, die versprochene Zahlung laufender Renten durch eine wertgleiche einmalige Kapitalleistung zu ersetzen. Bei einer Versorgungszusage handelt es sich um eine i.d.R. auf Jahrzehnte angelegte Leistungsverpflichtung, die wegen ihrer Langfristigkeit in besonderem Maße Unsicherheiten und Unwägbarkeiten unterworfen ist. Sowohl die wirtschaftlichen als auch die rechtlichen Rahmenbedingungen können sich, ohne dass dies im Zeitpunkt der Zusageerteilung absehbar wäre, bis zum Eintritt des Versorgungsfalls erheblich ändern. Daraus kann ein nachvollziehbares Interesse entstehen, durch eine Kapitalisierung das Versorgungsverhältnis kurzfristig zu beenden und hierdurch die betriebliche Altersversorgung kalkulierbarer zu gestalten.
Bei der Ausübung des Kapitalwahlrechts einseitig durch den Arbeitgeber muss dieser aber auch nach billigem Ermessen handeln. Ihn trifft die Darlegungs- und Beweislast, dass seine Interessen an der einmaligen Kapitalzahlung die Interessen des Arbeitnehmers an einer Rentenzahlung überwiegen. Dazu hat das Bundesarbeitsgericht Hinweise zu möglichen legitimen Interessen beider Parteien gegeben. Letztlich wird lediglich die Form der Auszahlung verändert, solange diese wertgleich erfolgt.
Würde man für Arbeitgeber die Flexibilität bei der Wahl der Auszahlungsform juristisch einschränken, so wäre zu befürchten, dass Arbeitgeber zukünftige Versorgungszusagen ausschließlich als Kapitalzusagen umsetzen. Dies würde nicht im Interesse der Versorgungsberechtigten liegen.
Da es sich bei der Kapitalabfindungsklausel lediglich um die Ausübung einer bei Zusage Erteilung vereinbarten Option handelt, verstößt diese auch nicht gegen das gesetzliche Abfindungsverbot gemäß § 3 BetrAVG.