Photovoltaikanlagen auf Dächern mit brennbaren Baustoffen: Herausforderungen und Lösungsansätze

Ausgangssituation

Im Zusammenhang mit den hoch gesteckten Zielen im Bereich Klimaschutz steht die konsequente Umsetzung von wirksamen Maßnahmen zur Reduzierung von Wärmeverlusten aus Gebäuden im Fokus. Für die Wärmedämmung von Gebäuden kommen neben mineralischen Materialien insbesondere auch Dämmstoffe aus geschäumten Kunststoffen zum Einsatz. Diese bieten neben ihren hervorragenden Dämmeigenschaften auch anwendungstechnische Vorteile.

Allerdings sind bei der Wahl geeigneter Dämmstoffe neben diesen Auswahlkriterien insbesondere auch brandschutztechnische Risiken und Feuergefahren zu berücksichtigen. Im Sinne einer effektiven Schadenverhütung leiten sich daraus erweiterte Anforderungen an den Brandschutz ab. Ungeachtet ihrer guten Dämmwerte stellen Dämmstoffe aus geschäumten Kunststoffen brandschutztechnisch eine nicht zu unterschätzende Gefahr dar. Auch wenn diese Materialien z.T. die Anforderungen an schwerentflammbare Baustoffe erfüllen, sind sie grundsätzlich dennoch als brennbar einzustufen.

Sofern geschäumte Kunststoffe, thermoplastische Kunststoffe, glasfaserverstärkte Kunststoffe (GfK) oder Hohlprofil-Kunststoffe verbaut sind, ist im Falle eines Brandes mit einer beschleunigten und flächigen Brandausbreitung zu rechnen. Mehrdimensionale Brandszenarien sind durch manuelle Brandbekämpfungsmaßnahmen der Feuerwehr nur schwer beherrschbar. Bei der risikotechnischen Bewertung ist zu beachten, dass sich brennbare Baustoffe in Außenfassaden oder in Dachkonstruktionen naturgemäß außerhalb des Wirkungsbereichs von Löschanlagen befinden. Daher können Sprinkleranlagen im Zusammenhang mit Fassadenbränden und Bränden der Dachkonstruktion ihre brandschutztechnische Funktion nicht wirksam entfalten und sind damit in ihrer Schutzwirkung stark eingeschränkt oder sogar unwirksam.

 

Lösungsansatz

Als Antwort auf die Fragen, wie wirksame Wärmedämmung unter Berücksichtigung dieser Anforderungen an den Brandschutz realisiert werden kann bzw. welche Maßnahmen hierzu umzusetzen sind, lässt sich ein mehrstufiger Lösungsansatz formulieren.

1. Grundsatzempfehlung:

Für die Errichtung von neuen Gebäuden sowie für die Sanierung von Bestandsgebäuden sollten ausschließlich nicht brennbare Baustoffe verwendet werden. Das gilt insbesondere auch für Dämmstoffe. Hier eignen sich vordergründig mineralische Materialien, die sich seit Jahrzehnten im Gebäudebau bewährt haben.

2. Mindestanforderung:

Sofern für die bauliche Ausführung von Dachkonstruktionen, Außenfassaden oder Innenausbauten auf brennbare Baustoffe / Dämmstoffe nicht vollständig verzichtet werden kann, sollten die verbauten Dämmstoffe die erhöhten Anforderungen an schwerentflammbare Baustoffe nach der geltenden Prüfrichtlinie DIN EN 13501 erfüllen:

  • Baustoffklasse B – s2 d0: Schwerentflammbare Baustoffe, die nicht aktiv zur Brandausbreitung beitragen, eine nur geringe Rauchentwicklung verursachen und nicht brennend abtropfen.
  • Alternativ erfüllten auch Baustoffe, die das Prüfzertifikat „FM approved“ (Prüfsiegel FM 4880 Class 1) vorweisen können, die risikotechnischen Anforderungen.
  • Ergänzend sollte beachtet werden, dass bei der Ausführung von Dachkonstruktionen, Außenfassaden und Innenausbauten auf die Verwendung von thermoplastischen Kunststoffen (insbesondere EPS, XPS, PE, etc.) vollständig verzichtet wird.

3. Alternativanforderung:

Sofern für die bauliche Ausführung von Dachkonstruktionen die zuvor genannten Anforderungen nicht vollständig umgesetzt werden können und brennbare Materialien der Baustoffklasse B-E eingesetzt werden, sollte eine nicht brennbare Trennschicht in ausreichender Dicke aufgebracht werden (Kies, Zementplatten, Mineralfaserplatten, etc.).

Sofern Dämmstoffe der Baustoffklasse B-E verwendet werden, sollten auch bei obenliegender Deckschicht ausschließlich duroplastische Materialien (PUR, PIR, etc.) eingesetzt werden, die auch bei starker Erwärmung formstabil bleiben.

4. Photovoltaik auf Dachflächen mit brennbaren Materialien:

Im Zuge einer massiven Zunahme der Installation von Photovoltaikanlagen auf Dachflächen von Betriebsgebäuden, rücken die vorstehenden Ausführungen in einen besonderen Fokus. Ein durch die Photovoltaikanlage entstehender Brand kann sich bei Verwendung von brennbaren Materialien schnell über die gesamte Dachkonstruktion ausbreiten.

In diesem Sinne wird die Kombination von brennbaren Materialien bei Dachkonstruktionen und Photovoltaikanlagen auch von der Versicherungswirtschaft grundsätzlich kritisch beurteilt.

Forderungen der Risikoträger als Folge können sein:

  • Rückbau der brennbaren Dämmung und Ersatz durch nicht brennbaren Materialien
  • Auflage einer nicht brennbaren Deckschicht (z.B. Kies oder Mineralfaserplatten)
  • Prämienzuschläge, ein erhöhter Selbstbehalt oder im Extremfall auch der Risikoausschluss des betroffenen Gebäudes/Bereichs für Brandschäden mit Ursächlichkeit durch die Photovoltaikanlage

Unabhängig der für die Dämmung verwendeten Materialien wird seitens der Sachversicherer regelmäßig die Einhaltung weiterer Anforderungen nach den VdS-Richtlinien gefordert, z.B. hinsichtlich notwendiger Abstände zu Brandwänden oder zu Öffnungen von Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA).

Für den Schutz von Photovoltaikanlagen durch Löschanlagen im Rahmen des anlagetechnischen Brandschutzes, fehlte es bislang an technischen Möglichkeiten und Lösungsansätzen. Bewegung kommt in diesen Bereich nun durch die Firma Minimax (Hersteller für Löschanlagen).

Minimax stellte kürzlich mit dem Produkt PVProtect ein neuartiges Schutzkonzept für Dachflächen mit Photovoltaikanlagen vor. Nach Angaben des Herstellers kann die Löschanlage für die Dachfläche mit der Photovoltaikanlage systemisch auch in eine ggf. bereits bestehende Sprinkleranlage integriert werden. Eine VdS-Zulassung hat das neuartige Produkt bereits erhalten.

 

Fazit

Im Allgemeinen besteht die Empfehlung zur Verwendung nicht brennbarer Baustoffe. Dies zum Schutze des Unternehmens und seiner Angestellten sowie der bestmöglichen Versicherbarkeit unter Berücksichtigung der Anforderungen der Risikoträger.

Ist dies nicht möglich, empfehlen sich Lösungen im Rahmen der in diesem Artikel beschriebenen Alternativen. Im Besonderen auf Dächern in Verbindung mit der Errichtung von Photovoltaikanlagen, steht die Verwendung von brennbaren Dämmstoffen im kritischen Fokus mit der daraus resultierenden Bedeutung der dargestellten Empfehlungen.

Eine neue, ergänzende Alternative, ggf. auch kostenseitig im Vergleich zu einer aufwendigen Dachsanierung, kann unter Umständen eine Lösung aus dem Bereich des anlagentechnischen Brandschutzes sein. Die Markteinführung einer ersten Photovoltaik-Löschanlage mit VdS-Zulassung zeigt einen vielversprechenden Ansatz hierzu.

 

Weitere Informationen zu brandschutztechnischen Herausforderungen und wirksamen Schutzmaßnahmen bei PV-Anlagen auf brennbaren Dächern finden Sie in den Technischen Richtlinien VdS 6023 und VdS 3145, die im VdS-Webshop zum freien Download erhältlich sind.