Hersteller und Händler ergänzen gesetzliche Gewährleistungsansprüche häufig mit eigenständigen vertraglichen Garantiezusagen.
Da Garantiezusagen inhaltlich der allgemeinen Vertragsfreiheit unterliegen, begegnet man ihnen in den unterschiedlichsten Ausgestaltungsformen. Großer Beliebtheit erfreuen sich eigenständige Garantiezusagen unter anderem im Bereich des Gebrauchtwagenmarktes.
Einen solchen Fall hatte schließlich auch das oberste deutsche Finanzgericht, der Bundesfinanzhof (BFH), zu entscheiden, und zwar bereits im Jahr 2018 (vgl. Urteil vom 14.11.2018 (XI R 16/17)). Gegenstand dieser Entscheidung war die Klage eines Autohauses gegen das zuständige Finanzamt. Die Klägerin stellte gegenüber ihren Käufern als Garantienehmern über die Zusatzgarantie eine Rechnung ohne Ausweis von Umsatzsteuer aber mit 19 % Versicherungsteuer aus, die von diesen ihr gegenüber beglichen wurde. In ihren Umsatzsteuererklärungen behandelte die Klägerin die Entgelte für Garantiezusagen daraufhin als steuerfrei. Dies wurde schließlich bei einer Betriebsprüfung beanstandet und der Fall landete letztinstanzlich beim BFH, der der Klägerin Recht gab und somit der Anwendung der Versicherungsteuer statt der bisherigen Praxis (Umsatzsteuer) den Vorzug gab.
Im Kern begründet der BFH seine Entscheidung damit, dass wesentliches Merkmal für ein Versicherungsverhältnis i.S. des Versicherungsteuergesetzes das Vorhandensein eines gegen Entgelt übernommenen Wagnisses ist, was bei einer entgeltlichen Garantiezusage der Fall ist.
In mehreren Schreiben hat das BMF die Umsetzung dieses Urteils seither konkretisiert. Insbesondere hat es klargestellt, dass sich die grundsätzlichen Aussagen des Urteils nicht nur auf Gebrauchtwagengarantien beschränken, sondern generell auf alle Arten von entgeltlichen Garantiezusagen anwendbar sind.
Ausnahmen davon gelten lediglich für unentgeltliche Garantien sowie für Garantiezusagen in Verbindung mit dem Abschluss eines sog. „Vollwartungsvertrages“. Auch in Fällen, in denen das Produkt ausschließlich zusammen mit der Garantie erworben werden kann, kommt keine Versicherungsteuer, sondern Umsatzsteuer zur Anwendung.
Somit sind Garantiezusagen gegen Entgelt eigenständige Leistungen im Sinne eines Versicherungsverhältnisses. Das darauf entfallende Entgelt ist Versicherungsentgelt. Dabei erfolgt keine Unterscheidung danach, ob die Garantie auf die konkrete Reparatur (Naturalleistung) oder auf Reparaturkostenersatz (Geldleistung) gerichtet ist.
Die neuen Regelungen gelten bereits seit dem 01.01.2023 und stellen gerade mittelständische Hersteller/Händler in der Umsetzung der neuen Vorgaben vor vielfältige Herausforderungen:
- Identifikation und steuerrechtliche Bewertung der unterschiedlichen vertraglichen Garantiezusagen im Unternehmen.
- Die korrekte Anmeldung und Abführung der Versicherungsteuer als „Versicherer“.
- Ausweis von Versicherungsteuersatz und Versicherungsteuerbetrag auf der Rechnung sowie Angabe der vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt.) vergebenen Versicherungsteuernummer.
- Da auf das Entgelt für die Garantiezusage keine Umsatzsteuer anfällt, kann insoweit auch für bezogene Leistungen keine Vorsteuer abgezogen werden.
Grundsätzlich empfehlen wir unseren potenziell betroffenen Kunden, das Thema mit ihren Steuerberatern zu besprechen. Mit deren Rat können auch die möglichen Maßnahmen besprochen und festgelegt werden, zum Beispiel:
- Ausschließliches Angebot von „unentgeltlichen“ Garantien (ohne Wahlmöglichkeit).
- Angebot von entgeltlichen Garantien nur noch in Verbindung mit Vollwartungsverträgen.
- Einbindung eines Garantieversicherers, der das Risiko durch Vermittlung des Herstellers/Händlers trägt.