Neukunden-Onboarding und Bestandskunden-Monitoring im Compliance-Zeitalter
Müssen Credit Manager beim Neukunden-Onboarding zusätzlich zur Stammdatenanlage, Bonitätsprüfung und Risikoklassifizierung auch eine Compliance-Überprüfung durchführen und anschließend fortlaufend überwachen? Welchen Regularien unterliegen Credit Manager hierbei und welche Strafen können auf ein Unternehmen zukommen, sofern diese Compliance-Überprüfung nicht erfolgt?
Gemäß § 17 I Außenwirtschaftsgesetz (AWG) sind In- und Auslandsgeschäfte mit sanktionierten Unternehmen in Deutschland gesetzlich unter Strafe gestellt. Die Konsequenzen einer Nichtbeachtung reichen von Geldbußen bis hin zu Freiheitsstrafen von bis zu 10 Jahren. Daher sind alle Unternehmen in Deutschland verpflichtet, die Einhaltung der UN/EU-Sanktionslisten zu gewährleisten und sicherzustellen, dass sich im Kundenkreis keine gelistete Person oder Organisation befindet. Sofern das Unternehmen global aufgestellt ist, müssen zudem die jeweiligen Auslands-Sanktionslisten bspw. der OFAC- Office of Foreign Asset Controls in den USA oder der OFSI – Office of Financial Sanctions Implementation in U.K. beachtet werden. Somit ist jeder Credit Manager angehalten, bei der Neukundenanlage und beim anschließenden Bestandskundenmonitoring fortlaufend eine Compliance-Prüfung entweder automatisiert mittels einer Sanktionslisten-Screening-Software oder „händisch“ mit den HADDEX-Sanktionslisten des Bundesanzeiger Verlags unter http://www.bundesanzeiger-verlag.de/aw-portal/exportkontrolle/produkte/sanktionslisten.html durchzuführen.
Sollte zudem ein Unternehmen dem per 23.06.2017 aufgrund der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie novellierten Geldwäschegesetz (kurz: GWG) unterliegen, sind auch die Vorgaben des GWG einzuhalten. Unternehmen sollten genau prüfen, ob sie Güterhändler gem. § 2 Abs. 1 Nr. 16 GwG sind – insbesondere wenn Bargeldgeschäfte ab 10.000.- € getätigt werden. Gemäß § 1 (9) GWG ist Güterhändler jede Person, die gewerblich Güter veräußert, unabhängig davon, in wessen Namen oder auf wessen Rechnung sie handelt. Neben den sonstigen gesetzlich geforderten Sorgfalts- und Sicherungsmaßnahmen, müssen dann gemäß §§ 10 I Nr. 1 und 11 GWG vor der Durchführung einer Transaktion die Vertragspartner identifiziert werden – auch Know Your Customer / KYC genannt. Sofern der Vertragspartner für einen wirtschaftlich Berechtigten handelt, auch UBO = Ultimate Beneficial Owner genannt, ist auch dieser zu identifizieren. UBO ist, wer unmittelbar mit mehr als 25 % an dem Kunden beteiligt ist. Besonderes Augenmerk muss auf sogenannte politisch exponierte Personen (PeP) gelegt werden. Zur Ermittlung des UBO in Deutschland können Verpflichtete aus dem GWG fallbezogen und im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten seit dem 27.12.2017 die eingeführte offizielle Plattform der Bundesrepublik Deutschland für Daten zu wirtschaftlich Berechtigten namens „Transparenzregister“ unter www.transparenzregister.de nutzen. Verstöße gegen das GWG werden für Unternehmen geahndet mit maximal bis zu 1.000.000 € oder dem Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils. Des Weiteren, werden Betroffene sowie die Art des Verstoßes öffentlich bekannt gegeben („Naming and shaming“).
Zudem sollten alle Unternehmen – auch diejenigen, die nicht dem GWG unterliegen – aufpassen, nicht für Geldwäschehandlungen missbraucht zu werden, da nach §261 V StGB auch diejenigen Unternehmen bestraft werden, die leichtfertig nicht erkannt haben, dass ein Vermögenswert aus einer Straftat herrührt.
Neben der Credit Management Abteilung kommt nur noch der Vertrieb für die Aufgabe der Sanktionslisten-Prüfung bei Kunden in Frage. Da der Vertrieb allerdings einen anderen Schwerpunkt hat und die Credit Manager ohnehin die Kundenstammdaten anlegen und überwachen müssen, liegt es nahe, dass diese Aufgabe besser in der Credit Management Abteilung angesiedelt ist. Die interne eigene Corporate Credit Policy sollte daher unbedingt um diesen unerlässlichen Compliance-Baustein ergänzt werden. Noch vor der Bonitätsprüfung und erst recht vor der tatsächlichen Leistungserbringung, sollte die Sanktionslisten-Überprüfung bei Neukunden erfolgen. Bei Bestandskunden ist diese fortlaufend wie das Bonitäts- und Kreditlimitmonitoring durchzuführen. Da diese Sanktionslisten nicht nur für Kunden gelten, sind im Rahmen einer Erstbestandsüberprüfung auch alle Personal- und Lieferantenlisten sowie alle weiteren Stammdaten, die in der Finanzbuchhaltung hinterlegt sind, auf Übereinstimmungen „hits“ mit den Sanktionslisten hin zu überprüfen. Die Reaktionen europäischer Großkonzerne auf die Verhängung neuer US-Sanktionen gegen den Iran zeigen, dass das Thema Sanktionslisten-Management jetzt auf die To-Do-Liste aller Unternehmen gehört.
Christoph Buchmann, LL.B., CITF®, CTFC®
Leiter Großkunden International
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Tel.: 0761 45 82-285